Verbunden - ein Sonntag im Januar

Als die schwere Holztür hinter meinen Gästen zuklappt, schlüpfe ich in meine derben Stiefel, werfe meinen dicken Parka um und schnappe mir meine Schlüssel. Ein grauer Januar-Sonntagnachmittag auf dem Land, wie geschaffen für einen Spaziergang. Draußen schnappe ich erstmal Luft, so unerwartet kalt ist es, dann sauge ich gierig den frischen Sauerstoff ein. Mit einem Schlag erwachen meine Synapsen zum Leben. Ich lege einen zügigen Schritt vor. Die Straßen des Dörfchens, indem ich zur Zeit lebe, sind wie leergefegt. An diesem grau-trüben Tag scheinen nicht mal die Hunde des Dorfes auf ihr Recht zu einem Spaziergang zu pochen, und so bin ich ganz alleine hier draußen.

Das Gespräch mit den Menschen, die ich eben verabschiedet habe, klingt noch in meinem Kopf nach. Unser Lachen, die Inspiration, die den Besitzer gewechselt hat.

Wir haben uns Geschenke gemacht. Trotz unserer unterschiedlichen Perspektiven auf das Leben, oder gerade deswegen, haben wir uns berührt, sind wir uns nahe gekommen. Ich liebe es, für Gäste zu kochen. Miteinander zu essen ist für mich einer der Schlüsselfaktoren für einen gelungenen Abend oder Sonntagmittag Wir fühlen uns behaglich, geborgen und entspannt, haben einen dampfenden Teller vor uns und sind in Gesellschaft, und all das stimmt uns friedlich. Plötzlich lassen wir alle unnötigen Masken weg, sind einfach wir…das freundliche, liebevolle, offene WIR, das Freunde und Familie so an uns lieben.

Im Vorübergehen betrachte ich das moosbewachsene kleine Steinmäuerchen der alten Hofstelle, die derzeit von Marion und Thomas neubelebt und liebevoll aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wird. Betrachte die verwitterten Holzverzierungen und den Holunderstrauch. Die windschiefe Bank unter der mächtigen Kastanie, und sehe dabei vor meinem inneren Auge, wie hier schon vor hundert Jahren Menschen gesessen haben. Soviel Liebe, soviel Arbeit, soviel gelebtes Lebens stecken hier in jeder Ecke. Während es leise anfängt, zu nieseln, spüre ich eine unerwartete Wärme in meiner Brust. Ich fühle plötzlich uns. Hinter jedem der verschlossenen Fenster, in diesem leeren Dorf, an denen ich vorbei gehe, atmen Menschen. Ich spüre das Netz aus Leben, das uns alle verbindet, durch die Zeiten, durch Orte, durch gesellschaftliche Positionen hindurch.

Du und ich, wir teilen uns diesen Planeten. Wir beide wollen das Beste, haben den guten Willen, etwas zu tun, etwas zu verändern. Es ist mehr, was uns eint, als was uns teilt. Und diese Erkenntnis ist der Punkt, an dem es beginnt.

(Pic by Karsten Einhhorn)

Barbara Osterholt